Kalkulation von Preis und Stundensatz als Dienstleister: Hier lernst du, wie es geht

März 31, 2022

Ich bin Julia, kreativer Kopf mit einer Vorliebe für Zahlen und Prozesse. Ich bin Experte im Bereich Brand & Webdesign, leidenschaftliche Fotografin und liebe es, anderen Selbständigen dabei zu helfen, ihren Traum zu leben. 

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For Biz Owners

Gerade zu Beginn der eigenen, unternehmerischen Karriere, orientiert man sich bei der Preisgestaltung oft am Wettbewerb. Früher oder später wirst du aber merken, dass du damit nicht weit kommst, denn jedes Unternehmen hat eine andere Kostenstruktur, Ausrichtung und Planung. Damit du sinnvoll und gewinnorientiert arbeiten kannst, solltest du dich mit der Kalkulation von Preis und Stundensatz als Dienstleister intensiv auseinander setzen.

Vorneweg: In diesem Post geht es um die Kalkulation für einen Dienstleisters. Also jemand, der sozusagen seine Zeit und seine Dienstleistung gegen Geld “verkauft”. Die Kalkulation von physischen Produkten wiederum ist ähnlich, aber nochmal separat zu betrachten.

Begriffe & Definitionen

Damit du alles in diesem Blogpost verstehst und es keine Missverständnisse gibt, habe ich die wichtigsten Begrifflichkeit, die du als Unternehmer:in kennen solltest in diesem Blogpost hier für dich zusammengefasst.

Vorab: Warum dir ein Buchhaltungsprogramm enorm helfen wird

Bevor du mit dem eigentlichen Rechnen anfangen kannst, gilt es einige Informationen auf- und vorzubereiten. Das hier ist der “schlimmste” Teil, glaub mir! Wenn du die Vorbereitung geschafft hast, ist der Rest ein Klacks. Andererseits ist es aber auch der Teil, bei dem du am Meisten lernst. Was du hierbei herausfindest und zusammenschreibst, hilft dir nicht nur beim Thema Preiskalkulation, es wird dir später in vielen Bereichen zu Gute kommen.

Option A: Du nutzt bereits seit längerem ein Buchhaltungsprogramm

Wenn du deine Einnahmen und Ausgaben bereits mithilfe eines Programms (oder Excel) trackst und für Steuerberater bzw. Finanzamt aufbereitest, hast du schon fast alles, was du brauchst. In fast jedem Programm gibt es eine Möglichkeit, sich die Ausgaben nach Kategorien über verschiedene Zeiträume anzusehen. Diese Funktion brauchen wir.

Option B: Du legst gerade erst los oder hast deine Einnahmen und Ausgaben bisher nicht getrackt

Dann ist das hier dein offizieller Tritt in den Hintern, damit anzufangen. Nicht nur aus Spaß an der Freude, sondern weil du es sowieso fürs Finanzamt tun musst. Setz dich am gerade am Anfang konsequent einmal im Monat an deine Buchhaltung und notiere deine Einnahmen und Ausgaben. Es muss nicht gleich ein teures Buchhaltungsprogramm sein, auch eine Excel-Tabelle tut es für den Anfang.

Wenn du gleich eine professionelle Software nutzen möchtest, dann lass dich am besten von (d)einem Steuerberater beraten, ich persönlich bin ein großer Fan von Lexoffice.

Vorbereitung

Was du bitte (möglichst auf jährlicher Basis) aufbereitest

Übersicht deiner Personalkosten für Mitarbeiter

Wenn du (noch) keine Mitarbeiter hast, dann kannst du diesen Punkt schon einmal streichen. Falls doch gehören dazu neben Lohn und Gehalt auch Lohnnebenkosten, Arbeitgeberbeiträge zu Versicherungen und Beiträge zur Berufsgenossenschaft.

Übersicht der eigenen, produktiven Arbeitszeit

In der Regel rechnest du hier die Tage eines Kalenderjahres abzüglich von Wochenenden, Feiertagen, Urlaub und Fehltagen wegen Krankheit. Wenn du bei Google “Arbeitstage im Jahr + dein Bundesland” eingibst, hast du schon mal den ersten Teil, für 2022 in Bayern bleiben nach Abzug von Wochenenden und Feiertagen noch 250 Tage. Gehen wir nun von 30 Tagen Urlaub und 14 Tagen Krankheit aus, die du dir selbst gewährst, landest du bei 206 Arbeitstagen.

Wichtig: Produktive Arbeitszeit ist nur die, in der du tatsächlich Geld verdienst. Gerade als Einzelunternehmer musst du aber noch die zahlreichen Aufgaben übernehmen, die dir direkt kein Geld einbringen (Buchhaltung, Marketing, Telefonate und Bürokram, etc.).

Das hier ist mit die schwierigste und zugleich wichtigste Rechnung. Kein Selbständiger kann 206 Tage x 8 Stunden produktiv arbeiten und Geld verdienen. Das Verhältnis zwischen produktiver und unproduktiver Arbeitszeit hängt aber sehr von Branche und Tätigkeit ab.

Hier musst du einfach einmal in dich gehen, deine Arbeit und Zeit objektiv beurteilen und rechnen.

Beispiel Hochzeitsfotografie:

15 Hochzeitsreportagen im Jahr mit durchschnittlich 8 Stunden produktiver Arbeitszeit und 40 Stunden unproduktiver Arbeitszeit

30 Fotoshootings im Jahr mit durchschnittlich 1 Stunde produktiver Arbeitszeit und 10 Stunden unproduktiver Arbeitszeit

= 150 produktive Arbeitsstunden im Jahr

= 900 unproduktive Arbeitsstunden im Jahr

Überraschend wenig produktive Stunden, oder? Als Hochzeitsfotograf muss ich also in 150 produktiven Arbeitsstunden genug verdienen, um die 900 unproduktiven Stunden mitzutragen.

Übersicht deiner Kosten

Rechne dir die Gesamtsumme deiner betrieblichen und privaten Kosten, bestehend aus den folgenden Komponenten aus:

  • Betriebsausgaben
  • Steuern (ich würde hier großzügig mit 40% Steuern auf dein Netto-Umsatzziel kalkulieren)
  • Beiträge für deine Renten- und Krankenversicherung
  • Puffer von 10% (variabel) für außerplanmäßige Ausgaben / Kosten

Berechnung deines Stundensatzes

Jetzt kommt der einfache Teil, die eigentliche Berechnung. Du nimmst jetzt die Gesamtsumme aller Kosten, die du oben aufbereitest hast und teilst sie durch deine produktive Arbeitszeit.

Jetzt hast du erst einmal deine Kosten gedeckt. Du hast aber noch keinen Gewinn gemacht, daher musst du jetzt noch einen Gewinnaufschlag hinzufügen, wir nehmen hier einmal 25%.

Achtung! Dieser Stundensatz ist jetzt netto, also ohne Umsatzsteuer. Diese musst du natürlich noch oben draufrechnen, denn du musst die 19% ans Finanzamt abführen und würdest dir sonst deinen Gewinnaufschlag zerstören. Daher musst du das Ergebnis jetzt noch mal 1,19 rechnen.

Beispielrechnung

30.000 Euro Kosten / 150 Stunden produktive Arbeitszeit = 200 Euro pro produktiver Stunde = kostendeckend

200 Euro x 1,25 = 250 Euro pro produktiver Stunde = kostendeckend + Gewinn netto

250 Euro x 1,19 = 297,50 Euro pro produktiver Stunde = kostendeckend + Gewinn brutto

Zusammenfassung und Verdeutlichung

In diesem Beispiel der Hochzeitsfotografie rechnete ich mit insgesamt 1.050 Arbeitsstunden pro Jahr. Das sind bei 206 Arbeitstagen also lediglich 5 Stunden täglich bzw. 25 Wochenarbeitsstunde (= Teilzeit). Basierend auf der Kostenaufstellung und dem Gewinnaufschlag würde ich mit dieser Kalkulation also letztendlich einen Gewinn von 15.000 Euro (150 produktive Arbeitsstunden x 300 Euro, abzüglich 30.000 Euro Kosten) jährlich, also 1.250 Euro monatlich machen.

Davon werde ich also nicht reich, oder?

Wenn eure Rechnung jetzt sehr ernüchternd ist, dann ist das erstmal gut so. Bitte weiterlesen!

Mit einem Stundensatz von 300 Euro bin ich im Bereich Hochzeitsfotografie bereits im teureren Segment unterwegs. Wie ihr seht, kann ich davon objektiv betrachtet aber in Teilzeit kaum überleben, geschweige denn reich davon werden.

Es ist aber ungemein wichtig, diese Kalkulation zu machen, denn nur so könnt ihr herausfinden, ob eure Geschäftsidee überhaupt realistisch ist. Außerdem schafft ihr so eine Basis, um wichtige, unternehmerische Entscheidungen zu treffen. Nur wenn ihr diesen Durchblick habt, könnt ihr sinnvolle Maßnahmen anstreben, um eure Tätigkeit so anzupassen, dass ihr gut davon leben könnt.

Glaubt mir, ich könnte jedes Mal kotzen, wenn ich wieder eine Anzeige in unserem Lokalblatt lese, bei der ein Fotograf eine 8 Stunden Reportage für 1.200 Euro anbietet (zuletzt im Januar 2022 gesehen). Davon kann er / sie auf Dauer nicht überleben. Punkt.

Trotzdem gibt es in dem Beispiel der Hochzeitsfotografie von oben mehrere Optionen, um das Endergebnis zu verbessern:

  • Verhältnis produktive zu unproduktive Stunden verbessern (= Effizienzerhöhung)
  • Kosten einsparen
  • Auf Vollzeit ausweiten bei gleichbleibenden Kosten und gleichbleibendem Verhältnis von produktiven zu unproduktiven Stunden
  • Zweites Standbein

Um euch einen kleinen Blick hinter die Kulissen zu gewähren:

Meine Ziele für 2022 gehen in zwei Richtungen. Zum einen baue ich mein zweites Standbein im Bereich Branding & Webdesign weiter aus, zum anderen habe ich mir vorgenommen 15% meiner Kosten einzusparen. In den ersten beiden Monaten hat das Beides sehr gut geklappt. 🙂

Was ich euch unbedingt mit auf den Weg geben möchte

Habt keine Angst, zu teuer zu sein!

Ich würde behaupten, 80% der Soloselbständigen haben eine solche Kalkulation nicht aufgestellt und sind sich nicht bewusst, dass sie von ihren Dumping-Preisen nicht leben können. Wenn ihr auf einen Stundensatz kommt, der deutlich über euren Mitbewerbern liegt, dann muss das nicht automatisch heißen, dass eure Basis schlecht ist, lasst euch bitte nicht verunsichern!

Kein Auftrag ist besser als ein Auftrag mit negativem Ergebnis

Hier muss vor allem bei Einzelunternehmern ein Umdenken stattfinden. Natürlich muss man am Anfang auch einmal für weniger arbeiten und kann immer wieder “Prestige”-Aufträge annehmen, an denen man sich keine goldene Nase verdient. Der Großteil eurer Aufträge soll und muss aber lukrativ sein. Scheut euch also nicht davor Nein zu sagen und einen Auftrag abzulehnen wenn ihr merkt, das daran nichts verdient sein wird. Statt eure Zeit sinnlos in einen Kundenauftrag zu investieren, an dem ihr nichts verdient, könntet ihr sie stattdessen mit Marketing- und Webemaßnahmen verbringen, die euch zumindest einen direkten ROI einbringen.

Fang an, dich zur Marke zu machen

Waschmittel ist Waschmittel und macht letztendlich nur deine Wäsche sauber. Für Persil bezahlst du aber gerne mehr, weil du eine Marke kaufst. Die Funktion ist aber nüchtern betrachtet die gleiche, wie beim No-Name-Produkt. Wenn du also auf einen Stundensatz kommst, den du für unerreichbar hältst, dann gilt es deine Nische zu finden, dich zu spezialisieren, in deinem Bereich einzigartig und unverzichtbar zu werden und dich und dein Business als Marke zu positionieren. Ein starkes Branding und ein professioneller Auftritt kann die Zahlungsbereitschaft deiner Kunden um ein Vielfaches erhöhen (na, wo sind die Apple-Kinder unter uns – ihr wisst, was ich meine!).

Kontrolliere und aktualisiere deine Kalkulation regelmäßg

Dein Business, dein Kostenapparat und deine Ausrichtung ändern sich ständig. Je größer dein Unternehmen, desto wichtiger ist es zum Beispiel Rücklagen und Puffer in deine Kalkulation einzubeziehen. Ich empfehle dir also, deine Kalkulation regelmäßig auf Aktualität zu überprüfen und mindestens einmal jährlich komplett neu durchzurechnen.

So, das waren jetzt seeeeeehr viele Infos und offen gesprochen harte Kost. Vielleicht hast du schon direkt mitgerechnet und hast jetzt erstmal zu kauen an den Ergebnissen. Das ist in Ordnung so. Das muss sogar so sein. Wenn Selbständigkeit und viel Geld verdienen so leicht wäre, dann würde es ja jeder machen, oder? Also, gib nicht auf, nimm dir ein paar Tage und fange an, deine Selbständigkeit bewusst zu planen. Triff bewusste, unternehmerische Entscheidungen und fang an, dich mit deinen Zahlen auseinanderzusetzen.

Glaub mir – wenn du dann die ersten Ergebnisse siehst, wirst du dich umso mehr freuen!

Ich hoffe du weißt jetzt, wie du die Kalkulation von Stundensatz und Preis als Dienstleister richtig vornimmst!

Hey, ich bin Julia
Leidenschaftlich selbstständig, Mama, Fotografin & Designerin.

Themen wie Branding, Webdesign, Digitalisierung, Prozesse, Workflows, Positionierung und Online Marketing sind mein Steckenpferd. Ich unterstütze meine Kunden all das zu meistern und gleichzeitig eine gesunde Work-Live-Balance zu schaffen. Schön, dass du hier bist!

Kreativer Kopf mit einer Vorliebe für Zahlen und Prozesse. Ich bin Experte im Bereich Design, leidenschaftliche Fotografin und liebe es, anderen Selbstständigen dabei zu helfen, ihren Traum zu leben.